Ein neuer Deal für Mannheim – aus ökologischem Wandel sozialen Fortschritt machen

Der Klimawandel ist allgegenwärtig aber Klimaschutz muss sozial gerecht sein
Genau das haben wir uns vor Ort zur Aufgabe gemacht.
Deswegen Stand unser letzter Parteitag ganz unter diesem Motto.

Wir wollen gemeinsam mit euch vor Ort den Klimawandel sozial gerecht gestalten

Hier ist die Klimaresolution aus dem Video

Ende 2020 wurde von der Europäischen Kommission der Investitionsplan für den europäischen Grünen Deal und der Mechanismus für einen gerechten Übergang beschlossen. Ziel ist es, dass die Europäische Union bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein wird.

2020 wurde im Rahmen der 9. Europäischen Konferenz nachhaltiger Städte und Gemeinden die “Mannheim Message” verabschiedet. Die Stadt Mannheim sieht sich als Verkünderin der “Mannheim Message” in besonderer Weise dazu verpflichtet, die Umsetzung Lokaler Grüner Deals voranzutreiben und Prozesse dafür in Gang zu setzen. Städte und Regionen, die die „Mannheim Message“ unterzeichnen, bekennen sich zu den Zielen des Europäischen Grünen Deals und unterstützen diesen aktiv, indem sie Lokale Grüne Deals entwickeln und umsetzen. Der Lokale Grüne Deal Mannheim ist eine Konkretisierung des Leitbildes Mannheim 2030 unter Bezugnahme auf die Vorgaben und Fördermöglichkeiten des Europäischen Grünen Deals. Er beschreibt die konkrete lokale Umsetzung entlang der Aktionsbereiche des Europäischen Grünen Deals.

Einen besonderen Fokus liegt für die Sozialdemokratie auf dem „Just Transition“ (Gerechter Übergang)-Prozess im Rahmen es European Green Deals. Ziel ist es, dass die Transformation in Regionen mit einer CO2 intensiven Produktion aktiv begleitet wird, um sicherzustellen, dass wir niemand zurücklassen auf dem Weg zu klimaneutraler Industrie und Gesellschaft. Als Stadt mit dem höchsten Anteil an industrieller Wertschöpfung in Deutschland, ein großer Teil davon in sehr energieintensiven Bereichen, kann Mannheim Vorreiter und Beispielgeber sein, wie die Transformation nicht nur technisch, sondern auch sozial und arbeitsmarktpolitisch gerecht bewältigt werden kann. Dies funktioniert nur im engen Dialog mit der Industrie und ihren Beschäftigten.

Wir sehen in dem Prozess der Dekarbonisierung nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen für Wohlstandswachstum in unserer Region. Durch mutige Investitionen in neue Technologien und Infrastruktur kann die Region ihre wirtschaftlich starke Stellung auch in Zukunft ausbauen. In dem wir unsere Stadt kontinuierlich umweltfreundlicher gestalten, stärken wir die Lebensqualität und Attraktivität für die Fachkräfte von morgen. Wir wollen mehr Lebensqualität durch neue Freiräume wie den Grünzug und der Förderung von emissionsfreier Mobilität schaffen. Durch den Bau von bezahlbarem Wohnraum ermöglichen wir es auch kleinen und mittleren Einkommen von den kurzen Wegen und der Vielfalt des Lebens in Mannheim zu profitieren.

Für uns ist es essenziell, dass wir allen Bürgerinnen und Bürgern gleichermaßen den Zugang zu einem nachhaltigen Lebensstil und mehr Lebensqualität eröffnen. Versuche, die Menschen allein über Bepreisung von CO2-Emissionen und Verteuerung des öffentlichen Raums finanziell für ihren Lebensentwurf, ihr Fahrzeug, ihre Heizung zu bestrafen, ohne ihnen die Chance zu geben, auf gleichermaßen bezahlbare wie ökologischen Alternativen umzusteigen, lehnen wir ab. Im Ergebnis führen solche Maßnahmen nur dazu, dass wirtschaftlich Schwächeren ihre in den letzten Jahrzehnten auch durch die SPD schwer erkämpfte Wohlstandsgewinne, wie ihr Eigenheim oder ihre eigenständige Mobilität durch ein eigenes Auto, wieder abgeben müssen, während sich die wirtschaftlich Starken gleichzeitig weiterhin alle Freiheiten und Wohlstandsfortschritte uneingeschränkt erkaufen können.

Klimaschutz muss in erster Linie durch private und staatliche Investitionen in CO2 neutrale Technologie und Infrastruktur vorangetrieben werden. Wo Einschränkungen nötig sind, müssen sie gerecht auf alle aufgeteilt werden. Durch Bildungsarbeit und konkreten Unterstützungsprogramme müssen wir alle, von klein auf und egal, woher sie kommen, auf dem Weg zu einer klimaneutralen Gesellschaft mitnehmen.

Industrie, Wirtschaft und Arbeit

Die Transformation der Industrie ist in vollem Gange. Ein industriepolitischer runder Tisch soll Politik, Verwaltung, Gewerkschaften und Beschäftigte zusammenbringen, um über eine ganzheitliche Strategie zur Transformation zu verhandeln. Unternehmen müssen Verantwortung übernehmen und ihren Mitarbeitenden Perspektiven innerhalb der Konzerne bieten. Durch ein lokales Transformationscluster können wir mittelständische Betriebe, die von Transformation betroffen sind, miteinander vernetzen und sie bei dem anstehenden Umstieg unterstützen. Das Jobcenter unterstützt die Unternehmen dabei, die Fortbildungsbedarfe zu erheben und zu adressieren. Die Berufsschulen werden weiter saniert und auf den notwendigen Stand der Digitalisierung und Technologie für die Berufe von morgen gebracht. Durch einen Kodex für gute Arbeit und konkrete Vereinbarungen mit der Industrie wird im Rahmen des Local Green Deals sichergestellt, dass für eine neue, emissionsfreie Industrie der Zukunft Tarifbindung und Mitbestimmung eine entscheidende Rolle spielen. Ein Gütesiegel kennzeichnet Unternehmen der Region, die die sozialen und ökologischen Ziele umsetzen.

Die Stadt Mannheim sichert die Flächenbedarfe für die Industrie, damit auch künftig eine CO2-neutrale Produktion innerhalb der Stadt möglich bleibt. Dabei nehmen wir stärker als bisher auch den Hafen in die Pflicht, sich für eine städtische Strategie der Wirtschaftsentwicklung zu öffnen. Das Land muss seine Blockadehaltung aufgeben und eine Entwicklung des Hafengebiets mit CO2-freien, digitalen und zukunftsweisenden Wirtschafts- und Industrieclustern ermöglichen.

Mobilität

Die Aufgabe der Stadt ist es, den Umstieg auf umweltfreundliche Mobilität zu ermöglichen und gleichzeitig den Platzbedarf durch ruhenden und fließenden KFZ-Verkehr perspektivisch zu reduzieren und den Umstieg auf Elektromobilität zu unterstützen. Der ÖPNV und die Fahrradinfrastruktur wird seit einigen Jahren entschlossen ausgebaut. Diesen Weg müssen wir weiter gehen und beschleunigen. Bis zur Mitte des Jahrzehnts wollen wir den Anteil der Radverkehrs am Modal Split um die Hälfte auf 30% erhöhen. Dafür müssen die zahlreichen Projekte für Radschnellwege, Radbrücken und Lückenschlüsse zügiger als es bisher der Fall war umgesetzt werden. Eine Neuplanung des Radnetzes muss im Rahmen des Masterplan Mobilität ebenfalls in den nächsten Jahren vorgelegt werden. Eine systematische Ausweitung der 30er Zonen in den Stadtteilen sowie die Sanierung der von Auto- und Radfahrern gemeinsam genutzten Stadtteilstraßen erhöhen zusätzlich die Sicherheit und senken Emissionen im Verkehr.

Mehr Platz für Radverkehr und Fußgänger zu schaffen, bringt auch mehr Lebensqualität in die Stadt. Deshalb sollte in jedem Stadtteil in den nächsten Jahren mindestens eine zusätzliche Fahrradstraße entstehen. Durch ein Zuschussprogramm für Kinder stellen wir sicher, dass alle Kinder Zugang zu einem Fahrrad bekommen und somit von klein auf umweltfreundliche Mobilität kennen lernen.

Der nötige Platz für eine klimafreundliche Mobilität muss vor allem vom ruhenden Verkehr im öffentlichen Raum bereitgestellt werden – eine schrittweise Reduzierung die öffentlichen Parkstände durch die Ausweisung von Parklets und der schrittweisen Ausweitung des Anwohnerparkens unterstützen wir. Durch Quartiersgaragen in den Stadtteilen schaffen wir platzsparende Parkplatzalternativen. Eine Steuerung durch eine drastische Verteuerung des Anwohnerparkens, wie in anderen Städten diskutiert wird, lehnen wir ab.

Durch ein städtisch gefördertes Austauschprogramm von Autos gegen E-Bikes und den Ausbau von (E-)Carsharing können wir insbesondere die Anzahl der Zweit- und Drittautos pro Haushalt reduzieren. Den ÖPNV gilt es weiter durch Angebotsausweitung (neue Linien, Taktverdichtung und -ausweitung, On-Demand Angebote) sowie attraktivere Tarife (365€-Ticket) zu stärken. Mannheim muss als wichtiger ICE-Knotenpunkt unter Umsetzung des maximal möglichen Lärmschutzes weiter ausgebaut werden.

Wohnen

Die wichtigste Voraussetzung für emissionsfreie Mobilität ist eine Stadt der kurzen Wege. Wohnen in der Stadt ist per se umweltfreundlicher als eine Zersiedelung in die Fläche. Deshalb ist es eine ökologische Pflicht, bezahlbaren Wohnraum in der Stadt zu schaffen, statt Menschen durch ein fehlendes Angebot dazu zu zwingen, außerhalb zu wohnen und lange Pendelwege damit in Kauf zu nehmen. Insbesondere auch die Vororte, die weniger dicht bebaut sind und eine hohe Lebensqualität bieten, müssen ihren Beitrag zur Nachverdichtung mit bezahlbarem Wohnraum in der Stadt leisten. Grüne Wiesen in den Vororten und Sozialwohnungen in der Stadtmitte sind kein gerechtes und nachhaltiges Modell der Stadtentwicklung, sondern befördern die soziale Spaltung innerhalb der Stadt. Neue Bebauung muss ökologische Belange berücksichtigen, durch Dach- und Fassadenbegrünung und die negativen mikroklimatischen Auswirkungen ausgleichen. Die Stadt unterstützt dies mit eigenen Förderprogrammen und setzt es bei ihren Gebäuden konsequent um. Ein Verbot von Steingärten wird durchgesetzt.

Auch das Land Baden-Württemberg, welches für sich in Anspruch nimmt, besonders klimafreundlich sein zu wollen, leistet bisher einen unzureichenden Beitrag zur Fassaden- und Dachbegrünung, sowie einer generell ökologischeren Bauweise. Die Stadt Mannheim muss mit dem Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg vereinbaren, dass bis 2024 alle landeseigenen Liegenschaften in Mannheim mit PV, Dach- und Fassadenbegrünung nachgerüstet werden. Um mit den Folgen des Klimawandels umzugehen, muss bereits jetzt die Bauweise in unserer klimatisch warmen Stadt überdacht werden. Große Fensterfronten nach Süden werden zu immer heißeren Wohnungen und Büros führen. Ein Fernkältenetz für Mannheim sollte geprüft werden, um den bereits jetzt spürbaren Anstieg an Klimaanlagen zu begegnen.

Als Stadt müssen wir uns in den nächsten Jahren intensiv der energetischen Sanierung der Bestandsgebäude widmen. Laut Energierahmenstudie muss die Sanierungsrate jährlich bei 1,7% des Bestandes liegen, um bis 2050 auf fossile Heizungen zu verzichten und die Nachfrage nach Fernwärme zu reduzieren. Die Stadt muss diesen Prozess aktiv begleiten, Straßenzug für Straßenzug Eigentümer ansprechen und sie auf dem Weg der Sanierung unterstützen und beraten. Eine Solarpflicht für Neubauten ist bereits in Umsetzung – durch Mieterstrommodelle können auch die Mieter von der Dekarbonisierung ihres Stroms und Wärmeversorgung finanziell profitieren.

Energie und GKM

Ein zentraler Baustein, um die Klimaziele zu erreichen, wird die Umstellung der Strom- und Wärmeerzeugung auf erneuerbare Energien sein. Dies zeitnah umzusetzen ist eine große technologische Herausforderung bisher ungeahnten Maßstabes. Eine deutlich frühere Stilllegung des laut Kohlekompromisses voraussichtlich bis zum Jahre 2033 laufenden Kohlekraftwerks GKM ist für uns erstrebenswert in dem Maße, in dem wir es schaffen, die Strom- und Wärmerzeugung aus erneuerbaren Energien auszubauen und zu bezahlbaren Preisen der Mannheimer Bevölkerung anzubieten. Um die Kosten und Effizienz der Wärmeversorgung kontrollierbar zu halten, setzen wir weiterhin auf den Ausbau des Fernwärmenetzes und somit auf eine zentralisierte Dekarbonisierung. Auch wenn Mannheim vom Energieexporteur künftig zum Energieimporteur wird, müssen wir in unserer Stadt und Region die Chancen, die sich technologisch durch Tiefengeothermie, Flusswärme, Agrar-Photovoltaik und Biomasse bieten, konsequent nutzen. Wir fordern, dass innerhalb der nächsten zwei Jahren sämtliche Schulgebäude und weitere öffentliche Gebäude mit PV-Anlagen ausgestattet werden. Auch die GBG muss ihre Wohnhäuser mit PV-Anlagen nachrüsten und durch ein Mieterstrommodell ihre Mieterinnen und Mieter an den Erträgen beteiligen.

Für Windkraft sehen wir in Mannheim zwar kaum Flächenpotenziale, würden dies aber nicht kategorisch ausschließen. Wer die Energiewende möchte, muss auch die nötige Infrastruktur bauen.

Wir setzen uns dafür ein, dass den Beschäftigten des GKM Perspektiven innerhalb der Eigentümer-Konzerne geboten werden – älteren Beschäftigten muss ein sozialverträglicher Ausstieg ermöglich werden, während Jüngere mit besonderen finanziellen Anreizen und beruflichen Entwicklungsperspektiven bis zur endgültigen Stilllegung im Unternehmen gehalten werden müssen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Insbesondere die gewerbliche Ausbildungsexpertise in Elektrotechnik und Maschinenbau sollte erhalten werden. Hierzu bedarf es Gespräche mit den Kammern, inwiefern eine Perspektive für eine überbetriebliche Ausbildungsstätte denkbar ist.  Am Beispiel GKM muss die Gesellschaft zeigen, dass die Dekarbonisierung der Wirtschaft nicht auf den Schultern vormals tariflich gut abgesicherter Beschäftigter realisiert wird. Klimapolitik muss sozial ausgestaltet sein.

Die Frage, ob Mannheim bis 2035 klimaneutral leben und wirtschaften kann, wird nicht allein in Mannheim beantwortet werden. Dafür braucht es Maßnahmen auf Landes- und Bundesebene, allen voran die Transformation zu einer vollständig emissionsfreien Stromerzeugung bei gleichzeitiger Erhöhung der Stromleistung und Senkung der Preise. Insbesondere in Baden-Württemberg haben wir zuletzt fünf Jahre durch die Untätigkeit der Landesregierung nahezu verloren. Ein Wettbewerb zwischen den Parteien darüber, wer die frühsten Ausstiegsziele formuliert, ist nicht zielführend, wenn diese Ziele nicht mit konkreten Maßnahmen hinterlegt sind.

Die Menschen mitnehmen heißt für uns auch, Klarheit zu schaffen darüber, welche Veränderungen unsere Bürgerinnen und Bürger erwarten, damit sie ihre Lebens- und Kaufentscheidungen dem sukzessive, in einer realistischen Geschwindigkeit anpassen können. Eine starke staatliche und soziale Infrastruktur begleitet sie in diesem Wandel und stellt sicher, dass es gerecht zugeht.

Für die Mannheimer Sozialdemokratie ist klar: Erfolgreiche Klimapolitik bedarf einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz. Sie muss die Menschen hören und mitnehmen, Ängste nehmen und Chancen aufzeigen.

Eine erfolgreiche Klimapolitik kann nur eine soziale und demokratische Klimapolitik sein.

Ihr seid vor Ort aktiv und engagiert euch für eine soziale klimafreundliche Stadt?

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